Türler

64 Jahre bei Türler – Interview mit Annemarie Infante

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Türler Schmuck und Uhren ist seit 1883 eine der bekanntesten Adressen in Zürich. Frau Annemarie Infante hat gut 64 Jahre aktiv miterlebt. Als Verkäuferin, Kinderfrau, Geschäftsführerin und heute als „Special Agent“. Den Anfang machten die Wirtschaftswunderjahre und Frau Infante durchlebte mit der Firma Türler bewegte Jahre mit tiefgreifenden Veränderungen. Auch bei der aktuellen Neuausrichtung ist Annemarie Infante tatkräftig mit dabei. Zeit, für einen Blick zurück und für ein paar Gedanken zu unserer Zukunft.

Frau Infante, bei aller Veränderung: Was hat sich denn in all dieser Zeit nicht verändert?

Der Name Türler stand immer für Qualität und Vertrauen.

Wer waren zu Ihrer aktivsten Zeit Ihre Kunden?

Namen dürfen wir ja keine nennen, aber am Paradeplatz gingen bei uns so manche Kunden ein und aus, die wir sonst nur vom Kino, vom Fernsehen her oder aus den Illustrierten kannten.

Gibt es Begegnungen, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?

Oh ja, da könnte ich viel erzählen. Etwa vom Herrn Minister X, der so viel Schmuck und Uhren als Geschenke gekauft hatte, dass wir ihm alles in einem Korb ins Hotel Baur au Lac liefern durften. Oder der Kunde aus Ägypten, der 40 Blindenuhren bestellte, um sie dann in einem Blindenheim zu verschenken. Unvergesslich auch die elegante Dame mit dem Rehpinscher, die jede Woche das Lederband ihrer Uhr zu Kleidung passend bei uns wechseln liess. Und da war auch eine sehr vermögende Erbin aus Amerika, die für ihre zwölf Bediensteten wunderbare Goldbanduhren aussuchte, die teilweise sogar mit Brillanten besetzt waren. Selbstverständlich genoss ich als junge Frau diesen Hauch der grossen weiten Welt sehr. Selber hielt ich aber etwas Abstand zu dieser Glamourwelt und blieb mit beiden Füssen auf dem Boden, eigentlich bis heute.

Gab es auch Kunden mit einem etwas alltäglicheren Budget?

Türler Uhren waren der grosse Renner und waren schon ab Fr. 100.00 erhältlich. Golduhren gab es bereits ab Fr. 500.00. Wir haben früher immer ein sehr breites Sortiment an Uhren geführt mit einem grossen Atelier. Das Uhrenatelier befand sich früher im 1. Stock am Fraumünsterhof und hatte einen Erker mit Blick auf den schönen Platz. Die Uhrenmacher kamen alle aus der französischen Schweiz und blieben 20 oder gar 50 Jahre lang bei Türler.

Haben Sie noch Kontakt zu Kunden von damals?

Ja, sicher. Von einigen unserer treuesten Kunden kenne ich inzwischen beinahe deren ganze Lebensgeschichte. Und es kommt oft vor, dass ich auch die Kinder und Enkel unserer Stammkunden wieder beraten darf.

Sie haben nicht nur zu vielen Ihrer Kunden ein aussergewöhnliches Verhältnis, sondern auch zur Familie Türler.

Ich habe 1954 meine Stelle bei Türler als Verkaufsberaterin grad nach meiner Ausbildung angetreten. Eingestellt hatte mich der Grossvater von Franz A. Türler. Als sein Vater, also mein heutiger Chef, noch ein kleiner Junge war, musste ich hin und wieder bei Türlers zuhause auf ihn aufpassen, weil die Eltern einen Abendanlass besuchten. An einem dieser Abende sperrte mich mein heutiger Firmenboss doch tatsächlich in die Waschküche ein, weil er ungestört einen Film am Fernsehen schauen wollte. Als der Film fertig war, liess er mich wieder raus. Ich habe seinem Vater nie etwas von meiner Gefangennahme erzählt, das hat uns wohl zusammengeschweisst.

Überhaupt gab es immer wieder fast abenteuerliche Geschichten, die wir zusammen erlebt haben. Etwa die Reise zu einem Kunden nach Monaco, der sich dort sehr exklusive Uhren zeigen liess. Allerdings war der Mann nicht nur an einer Uhr interessiert, und Herr Türler musste mich richtiggehend in Sicherheit bringen. Eine Uhr haben wir bei dieser Gelegenheit dann halt keine verkauft.

Was ist Ihrer Meinung nach der wichtigste Grund für den Erfolg der Firma Türler über all die Jahrzehnte hinweg?

Da ist natürlich das schöne, grosse Sortiment. Zudem hat Herr Türler immer sehr grossen Wert auf einen gepflegten und freundlichen Stil gelegt. Alles an unserem Auftritt musste stimmen. Bevor die grossen Uhrenmarken so viel Gewicht bekamen, waren die eigenen Modelle sehr gefragt. Fast jede feine Zürcher-Dame trug damals ein Türler-Ührchen am Handgelenk. So entstand eine Art Türler-Spirit, den auch der junge Herr Türler weiterpflegt, halt der heutigen Zeit entsprechend.

Was fällt Ihnen am Türler-Spirit besonders auf?

Man ist frei, wenn man als Kunde zu Türler kommt. Ich finde das enorm wichtig. Auch mein Chef ist dem Kunden immer so begegnet, der junge Herr Türler sowieso. Wenn er merkte, dass die Dame oder der Herr vor ihm nicht so recht überzeugt war, sagte er jeweils mit einem herzlichen Lachen: „Es muss Ihnen gefallen. Kommen Sie einfach wieder vorbei, wenn Sie noch einmal schauen wollen!“. Und so sind die Kunden immer wieder gerne gekommen.

Wo sehen Sie die grossen Herausforderungen?

Wir haben an der Fraumünsterstrasse ja ganz andere Preise, aber die Leute wissen das noch zu wenig. Das müssen wir unbedingt noch viel stärker bekannt machen.

Wo sehen Sie Chancen?

Mit der Aufgabe des grossen Geschäftes hat Türler auch viel Ballast abgeworfen. Jetzt haben wir wieder viel mehr Zeit für unsere Kundschaft und für neue Ideen.

Was wünschen Sie sich ganz persönlich?

Die Arbeit als Uhren- und Juwelenberaterin hat mich sehr glücklich gemacht. Ich ging jeden Tag mit Freude zur Arbeit. Diese Freude möchte ich mir erhalten und wünsche sie auch weiterhin dem Türler-Team im Geschäft an der Fraumünsterstrasse.

Interview: Martine Ernst

P.S. Wenn Sie unsere Grand Old Lady kennenlernen möchten, so sind Sie herzlich zu einem Kafi-Chränzli mit Frau Infante bei uns eingeladen. Rufen Sie uns einfach an! Hier geht es zum Kontakt.

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