Türler

Unsere Serie: Wir machen Aussergewöhnliches
1. Teil: Kostbarkeit aus einem anderen Jahrtausend

Datum

Im Auftrag einer geschätzten Kundin reparierten wir eine goldene Armspange aus dem Altpersischen Reich der Achämeniden, welches vom 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr. existierte. Das Gebiet erstreckte sich über Teile der heutigen Türkei, Zypern, Iran, Irak, Afghanistan, Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Syrien, Libanon, Israel, Palästina und Ägypten. Die Quellenvielfalt über das erste persische Grossreich ist begrenzt, obwohl es sich um das erste Grossreich handelt, welches den gesamten Vorderen Orient unter einer einzigen Herrschaft vereinte. Der Untergang erfolgte in der Schlacht von Salamis und Gaugamela, in welcher Alexander der Grosse das Heer vernichtend schlug.

Bedeutung von Schmuck im Altpersischen Reich

Das Tragen von Schmuck war schon zu damaligen Zeiten ein ästhetisches und kulturelles Bedürfnis der lokalen Bevölkerung wie auch der Könige. Eine weitere Hauptmotivation war jedoch auch die eigentliche Funktion der Schmuckstücke. So wurden Amulette für das Abwehren von Übel und Talismane zur Herbeiführung des Guten getragen. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot (ca. 450 v. Chr.) erwähnte gar, dass nicht nur Könige und Frauen, sondern auch Kinder und sogar Krieger im Kampf Hals- und Armreife getragen haben, welche als Schutz im ideellen Sinne gedeutet werden.

Auf den Schmuckstücken der Achämeniden wurden ausserdem Motive verwendet, welche für den Träger eine besondere Bedeutung hatten:

Das Motiv des Löwen war im Orient zu allen Zeiten übliches Symbol für Macht, Kraft und Stärke. Als Raubtier bedrohte der Löwe einerseits die Herde, sein furchterregendes Erscheinungsbild konnte aber andererseits auch als Schutz der Menschen eingesetzt werden.

Die Motive des Stiers und des Widders werden ähnliche Funktionen gehabt haben: Im alltäglichen Leben und auch im Kampf wird man sich die Kräfte, die Stärke und die Männlichkeit dieser Tiere herbeigesehnt haben. Ein anderer Ansatz galt für das Motiv des Kalbes, welches sich nur bei Arm- und Fussreifen findet. Indem man diese Schmuckstücke trug, begab man sich in die Position eines Kälbchens gegenüber einer Mutterkuh oder man ordnete sich dem Führer einer Herde unter. Im übertragenen Sinne bedeutet das, einer Gottheit oder einem Herrscher untergeben zu sein.

Auch Capriden («Ziegenartige»), wie am Armreif unserer Kundin zu finden, spielten seit jeher eine wichtige Rolle, da sie einerseits aggressive Stärke, andererseits Fruchtbarkeit und Lebenskraft symbolisierten. Besonders der zweite Aspekt war im gesamten orientalischen Raum lange Zeit verbreitet. Noch heutzutage deuten die Iraner die Capridenhörner als Symbol für gute Jagd und langes Leben und befestigen sie auf den Dächern ihrer Häuser.

Weiter wurden verschiedene Blüten und Früchte, wie beispielsweise Granatäpfel oder Trauben, als Motiv für Schmuck, meist Ohrringe, verwendet.

Herstellung von Schmuck zur damaligen Zeit

Die altpersische Schmiedekunst entwickelte sich in einer Zeit von zahlreichen Eroberungen und Kriegen und ist somit eine Fusion verschiedenster Stile der zuvor weitgehend eigenständigen Ausgangsstaaten. Die Goldschmiede waren jedoch meist Meder oder Ägypter und wendeten bei der Herstellung des goldenen Schmucks feinste Ziselier- und Gusstechnik an, welche grosse Handwerkskunst voraussetzt und damals mit einfachsten Mitteln durchgeführt werden musste. Zeit war aber damals kein Kostenfaktor für die Herstellung von Schmuck. Aus diesen Gründen lässt sich das einstige Herstellungsverfahren aus heutiger Sicht nur schwer rekonstruieren. Jeder, der schon einmal mit einfachsten Mitteln Gold gegossen hat, weiss, dass es meistens nicht bei nur einem Versuch bleibt.

Die äusserst realistische Darstellung der Ziegenköpfe am Reif unserer Kundin zeigt nicht nur handwerkliche Fähigkeiten – die Motive wurden von Hand praktisch gegengleich ziseliert –, sondern hebt auch klar den Drang zur gestalterischen Perfektion der Perser hervor.

Die aufwendige Reparatur

Der Armreif ist für sein «fortgeschrittenes» Alter in einem sehr guten Zustand, was auf eine Opfergabe hindeuten könnte, oder aber die Trägerin oder der Träger hat diesen Reif sehr selten abgelegt. Es kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, von welchem Geschlecht das Schmuckstück getragen wurde. Der Durchmesser lässt auf den Oberarm einer Frau zurückschliessen, da aber auch Männer häufig Schmuck trugen, könnte es auch eine Anfertigung für den Unterarm eines Mannes gewesen sein. Solche Schmuckstücke sind aufgrund der sehr hohen Goldlegierung nicht dafür gemacht, häufig an- und abgelegt zu werden. Die ständige Torsionsbewegung erzeugt relativ schnell Bruchstellen, was beispielsweise beim heutzutage legierten 18-Karat-Gold weniger der Fall ist.

Der anatomisch angepasste Reif ist hohl, sehr wahrscheinlich gegossen. Teilweise deutet die Oberfläche aber auch auf eine Ziselierung von Hand hin. Zur damaligen Zeit wurden beide Techniken angewendet.

Die verwendete Goldlegierung weist einen sehr hohen Feingoldanteil auf, welcher keiner heute gängigen Goldfarbe entspricht. Aus fachlicher Sicht ist erstaunlich, wie wenig Detailreiches man heute im Internet recherchieren kann. Aber unsere Branche brillierte nie durch Veröffentlichungen einzelner Herstellungsverfahren oder das Teilen raffinierter neuer Goldschmiedetechniken. Über die Jahrhunderte gingen so viele besondere Techniken grosser Meister verloren.

Diese Reparatur und die damit einhergehenden Schweiss- und Lötarbeiten zwangen also unser Atelier, sich wieder einmal mit alten Büchern über Goldschmiedetechniken auseinanderzusetzen, um mit den wenig vorhandenen Informationen die exakte Goldfarbe zu bestimmen. Das damals abgebaute und geschiedene Golderz beinhaltete immer noch einen kleinen Teil Kupfer und Zinn. Um das Material aber ein wenig stabiler und verarbeitungsfähiger zu machen, fügten die damaligen Goldschmiede noch ein wenig Silber hinzu (zwischen 6 und 10%). Sie waren also nicht nur sehr gute Handwerker, sondern regelrechte Alchemisten! Denn die perfekte, meist sehr feine Gestaltung der Schmuckstücke von damals bedingte bestes verarbeitungsfähiges Material.

Bei unserer Reparatur und der Legierung war jedoch nicht die beste Verarbeitungsfähigkeit das wichtigste Ziel, sondern das Finden der exakten Goldfarbe. Über einen ganzen Tag legierten wir verschiedene Verhältnisse, reinigten und polierten die Oberflächen und kamen so Schritt für Schritt der originalen Goldfarbe auf die Spur. So wurde sichergestellt, dass das Schmuckstück möglichst detailgetreu repariert und zu altem Glanz erweckt werden konnte.

Unsere Kundin war mit unserer Arbeit sehr zufrieden, und welcher Goldschmied wünscht sich nicht, dass sein Schmuckstück nach knapp 3000 Jahren wieder tragbar gemacht wird? Jedenfalls hat uns dieser persische Goldschmiedemeister ganz schön gefordert und gleichzeitig schwer beeindruckt!

Wenn Sie nun auch wieder an einen längst vergessenen Schatz erinnert wurden, welcher in einer Schmuckschatulle schlummert, suchen Sie ihn heraus und schauen Sie bei uns vorbei! Gerne helfen wir Ihnen bei der Reparatur oder auch nur der Auffrischung.

Quellen:

Musche, Brigitte (1992): Vorderasiatischer Schmuck von den Anfängen bis zur Zeit der Achaemeniden, Leiden: E. J. Brill Verlag.
Rehm, Ellen (1993a): Der Schmuck der Achämeniden, Altertumskunde des Vorderen Orients, 2. Aufl., Münster: Ugarit-Verlag.
Rehm, Ellen (1993b): Achämenidischer Schmuck als Bedeutungsträger, in: Mitteilungen des Deutschen Archäologen-Verbandes, 24, 2.
Brepohl, Erhard (1987): Theorie und Praxis des Goldschmieds, VEB Fachbuchverlag Leipzig 1987
Theophilus Presbyter (1933): Diversarum Artium Schedula; Technik des Kunsthandwerks im zehnten Jahrhundert.
Christiane Eluère (1987): L’Or des Celtes

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